1970er Quarzkrise
In den 1970er Jahren erlebte die Schweizer Uhrenindustrie einen dramatischen Wandel, der als Quarzkrise bekannt wurde. Dieser Zeitraum markierte einen tiefgreifenden Umbruch, der die Schweiz als führenden Hersteller von Uhren zunächst in Gefahr brachte. Der Auslöser der Krise war die Entwicklung der Quarztechnologie, die eine völlig neue Art der Zeitmessung ermöglichte. Bisher waren mechanische Uhrwerke, die von Handaufzug oder Automatikantrieben betrieben wurden, die Grundlage der Uhrenindustrie. Doch in den frühen 1970er Jahren brachten asiatische Hersteller, vor allem aus Japan, eine neue Technologie auf den Markt: Quarzuhren. Quarzuhren funktionierten nicht mit den traditionellen mechanischen Uhrwerken, sondern mit einem Quarzkristall, der durch elektrischen Strom zum Schwingen gebracht wurde, um die Zeit zu messen. Diese Technologie war deutlich präziser, günstiger und vor allem leichter zu produzieren als die traditionellen mechanischen Uhren.

Ein besonders bekanntes Beispiel war die Seiko Astron aus Japan, die 1969 die erste Armbanduhr mit Quarzwerk auf den Markt brachte. Diese Uhr war nicht nur unglaublich genau, sondern auch viel günstiger in der Herstellung als die mechanischen Uhren, die in der Schweiz produziert wurden. Der Erfolg dieser Quarzuhren in den internationalen Märkten kam für viele Schweizer Uhrmacher überraschend, da sie ihre traditionellen, mechanischen Werke als überlegen betrachteten.

Die Schweizer Uhrenindustrie reagierte zunächst langsam auf die Quarztechnologie. Viele etablierte Uhrenmarken unterschätzten das Potenzial der Quarzuhr und hielten an ihren mechanischen Uhren fest, die teurer in der Herstellung waren und mehr Arbeitsaufwand erforderten. Diese Fehlentscheidung führte dazu, dass die Schweiz Marktanteile an japanische und später auch an koreanische Hersteller verlor. Die Auswirkungen der Quarzkrise waren verheerend: In den folgenden Jahren schrumpfte der Marktanteil der Schweiz an der weltweiten Uhrenproduktion dramatisch, von über 50 % in den 1960er Jahren auf nur noch etwa 10 % Mitte der 1970er Jahre. Zahlreiche traditionsreiche Schweizer Uhrenfirmen standen vor dem Aus und mussten Insolvenz anmelden.

Trotz dieser schwierigen Zeit gab es auch Lichtblicke. Einige Schweizer Unternehmen, wie Swatch und ETA, begannen, Quarzuhren zu produzieren und nutzten die Technologie, um innovative Modelle auf den Markt zu bringen. Swatch, gegründet 1983, brachte eine völlig neue, preisgünstige und farbenfrohe Armbanduhr auf den Markt, die nicht nur als Zeitmesser, sondern auch als Modeaccessoire begehrt wurde. Auch Luxusmarken wie Rolex und Patek Philippe begannen, Quarzuhren in ihr Sortiment aufzunehmen, wenn auch in begrenztem Umfang.

Die Quarzkrise führte zu einem tiefen Umdenken in der Schweizer Uhrenindustrie. Unternehmen begannen, neue Strategien zu entwickeln, sowohl mechanische als auch Quarztechnologie zu kombinieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.
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